Die Osterfeiertage sind gerade überstanden, die vorlesungsfreie Zeit ist auf ihrem klausurfreien Höhepunkt und die nächste Vorlesung ist noch fast zwei Wochen entfernt. Langsam, aber sicher stellt sich das suchtartige Verlangen nach mehr Zahlendingen ein. Um es eher ruhig zu beginne, schlage ich vor ein wenig Schulmathe zu praktizieren. Ziel ist es, leicht ein Glücksgefühl dank des überragenden eigenen Erfolgs zu erlangen. Eine angenehme und dennoch sinnvolle Fingerübung ist das Thema „mathematische Folgen“. Eine mathematische Folge ist eine endliche oder unendliche Auflistung von Glidern (auch Komponenten). Die Komponenten sind mit natürlichen Zahlen nummeriert. Hierbei wird vom Index oder einfach von der (Platz-)Nummer gesprochen.
{an } bezeichnet die Folge selbst. an bezeichnet ein Glied der Folge. Eine Folge kann verschiedene Darstellungen haben. Typische Möglichkeiten zur Datellung sind:
Der Spaß besteht nun darin, eine Darstellung anzugeben und eine andere zu suchen. Bereit? Los geht’s!
Diesen Aufgabentyp ist aus Intelligenztests bekannt. Gegeben wird eine endliche Auflistung von Gliedern einer Folge. Beim Intelligenztests wird ein weiteres Glied gesucht. Hier ist nach der Bildungsvorschrift gefragt, mit der ein beliebiges Glied der Folge bestimmt werden kann.
Hier lässt sich die Funktionsvorschrift mit dem „mathematischen Auge“ erkennen: Durch scharfes Anstarren wird ersichtlich, dass der Zähler aus Zweierpotenzen und der Nenner aus Dreierpotenzen besteht. Somit gilt: an = (2n)/(3n) = (2/3)n
Hierbei wird auch ein Problem dieser Darstellung ersichtlich: Wer legt eigentlich fest, dass das nächste Glied der Folge 32/243 sein muss? Die nächste Komponente könnte ebenso wieder 2/3 sein. Dann wäre an = (2/3)(n modulo 4) + 1 eine gültige Lösung.
Hier ist es ein guter Ansatz, den Schritt von einem Folgeglied zum nächsten zu betrachten. Offensichtlich wird mit a1 = 1 begonnen und jedes folgende Glied durch Negieren (mit -1 multiplizieren) des Vergängers bestimmt. Die Folgeglieder lassen sich schön als Potenzen zur Basis -1 darstellen: an = (-1)n+1 Der Exponent ist n+1, damit das erste Glied der Folge einen geraden Exponenten hat und somit mit 1 begonnen wird.
Diese Folge besteht offenbar aus zwei Arten von Komponenten:
Erinnern wir uns daran, was wir über negative Exponenten gelernt haben und bringen die beiden Berechnungsvorschriften in eine einheitliche Form:
Die beiden Vorschriften lassen sich zu einer einzigen zusammenfassen, indem 1 und -1 durch Glieder der Folge {bn} ersetzt werden: an = nbn Nun muss nur noch eine Folge {bn} bestimmt werden, deren Komponenten 1 bei ungeradem und -1 bei geradem Index sind. Irgendwie erscheint diese Folge doch so vertraut, nicht wahr? Die zuvor bestimmte Folge leistet das Gewünschte! Folglich muss einfach einfach bn = (-1)n+1 in an eingesetzt werden: an = nbn = n(-1)n+1
Noch eine kurze Probe:
Schaut gut aus!
Zum Ausklang etwas Gemütliches: Durch Einsetzen die ersten fünf Komponenten einer rekursiv definierten Folge bestimmen. Das macht Spaß!
Das ist echt einfach: Konstanten niederschreiben und die anderen Komponenten durch Einsetzen der schon bekannten Glieder bestimmen:
Das war schön, nicht wahr?
Weil die letzte Folge so schön war, gibt es gleich noch eine Übung hierzu: Jetzt ist eine nicht-rekursive Funktionsvorschrift gesucht. Im Wesentlichen wird hierzu einfach ein Muster geraten:
Fertig! Eigentlich fehlt jetzt natürlich noch der Beweis für das geratene Muster. Dies funktioniert mit einer vollständigen Induktion: Als Induktionsanfang wird einfach n = 1 eingesetzt und gezeigt, dass a1 = -2 herauskommt. Im Induktionsschritt wird angenommen, dass die gefundene Formel für an-1 stimmt. Nun wird das direkt berechnete an-1 in die rekursive Formel für an eingesetzt und gezeigt, dass dieses genau der direkten Formel für an entspricht.